Prinzipien über Prozesse

Ein neuer Schwerpunkt im Projektmanagement

Entdecken Sie, wie der Wechsel zum prinzipienbasierten Projektmanagement die Art und Weise verändert, wie wir Komplexität angehen und in modernen Projekten Wirkung erzielen
Principle-based project management

Von Jesper Schreiner, Senior Consultant in Project and Programme Management

Die Projektmanagement-Gemeinschaft erlebt derzeit ein wachsendes Interesse an prinzipienbasierten Ansätzen für das Management von Projekten. Dieser Trend wird unter anderem durch die Veröffentlichung der 7. Ausgabe des Project Management Body of Knowledge (PMBOK) des PMI im Jahr 2021 unterstrichen, die einen grundlegenden Wechsel vom prozessbasierten zum prinzipienbasierten Projektmanagement markiert.

Dieser wachsende Trend und dieses Interesse sind etwas überraschend und daher besonders faszinierend. Im Grunde genommen ist an prinzipienbasierten Projektmanagementmodellen nichts Revolutionäres. PRINCE2, das 1997 erstmals vorgestellt wurde, wurde als prinzipienbasiertes Projektmanagementmodell "geboren".

Was bedeutet prinzipienbasiertes Projektmanagement?

Ein prinzipienbasierter Ansatz konzentriert sich darauf, Handlungen und Entscheidungen von übergreifenden Werten und Zielen leiten zu lassen - anstatt sich an detaillierte Regeln und Verfahren zu halten. Ein prinzipienbasierter Ansatz in der Unternehmensführung könnte zum Beispiel bedeuten, dass Entscheidungen auf Prinzipien wie Ehrlichkeit, Verantwortlichkeit und Transparenz beruhen.

Prinzipien fungieren als Leitsterne, die die Richtung vorgeben, ohne das Projekt in starre Strukturen zu pressen. Dies gibt den Projektmanagern die Freiheit, sich nach Bedarf anzupassen - eine Freiheit, die in einer von Komplexität und Unvorhersehbarkeit geprägten Welt immer wichtiger wird.

Vorteile eines prinzipienbasierten Ansatzes

Einer der wichtigsten Vorteile eines prinzipienbasierten Ansatzes ist die erhöhte Flexibilität. Prinzipien ermöglichen maßgeschneiderte Lösungen für bestimmte Kontexte, was bedeutet, dass sich das Projekt an dynamische und unvorhersehbare Umgebungen anpassen kann, ohne seinen Gesamtfokus zu verlieren.

Diese Flexibilität macht es auch einfacher, Projekte mit einem hohen Maß an Unsicherheit zu steuern.

Indem man sich von Grundsätzen leiten lässt, ist es möglich, solide Entscheidungen zu treffen, ohne dass alle Details von Anfang an feststehen.

Dies ist ein klarer Vorteil bei komplexen Projekten, bei denen es oft unmöglich ist, alle Szenarien im Voraus zu prognostizieren.

Außerdem unterstützt ein prinzipienbasierter Ansatz eine agilere und wertorientierte Projektkultur. Wenn Entscheidungen auf übergreifenden Zielen und Werten beruhen, kann sich das Projekt schneller an veränderte Bedürfnisse der Stakeholder oder Marktanforderungen anpassen. Gleichzeitig wird ein ganzheitlicher Ansatz gefördert, bei dem der Schwerpunkt nicht nur auf der Einhaltung des Zeit- und Kostenrahmens liegt, sondern auch auf der Erzielung einer echten Wirkung und der Zufriedenheit der Beteiligten.

Prinzipien können auch als gemeinsame Sprache für die Projektteilnehmer dienen. Prinzipien fördern ein gemeinsames Verständnis für das, was wichtig ist, und erleichtern es, in einem vollen Terminkalender Prioritäten zu setzen und sich auf die Werte und Ziele zu konzentrieren, die wirklich etwas bewirken.

Als Denkweise und Leitfaden ermöglichen Prinzipien den Projektmanagern, innerhalb eines breiteren Rahmens auf einer höheren Abstraktionsebene zu operieren, was Raum für Kreativität und strategisches Denken schafft und gleichzeitig Visionen und Ziele aufrechterhält.

Warum jetzt das wachsende Interesse?

Wie bereits erwähnt, zeichnet sich PRINCE2, das vor mehr als 25 Jahren eingeführt wurde und zu den weltweit am weitesten verbreiteten Projektmanagementmodellen gehört, durch seine 7 Grundprinzipien aus und wurde somit prinzipienbasiert geboren. Warum erleben wir also erst jetzt dieses wachsende Interesse an prinzipienbasierten Ansätzen des Projektmanagements?

Ich sehe zwei mögliche Erklärungen:

Die Bedeutung der Grundsätze wurde vernachlässigt

Die Projektmanagement-Gemeinschaft hat lange Zeit Prinzipien als zweitrangig gegenüber Prozessen, Methoden, Werkzeugen und Anweisungen in Projektmodellen betrachtet und wahrgenommen. In Wirklichkeit ist es aber genau umgekehrt: Prinzipien sind primär und haben mehr Gewicht als die Prozesse. Die Projektmanagement-Gemeinschaft hat daher erst kürzlich das Potenzial und den latenten Wert von Prinzipien entdeckt.

Veränderte Bedürfnisse in der Projektwelt

Das Bedürfnis der modernen Projektmanager nach mehr Reflexion und Anpassungsfähigkeit im Vergleich zu den eher mechanischen und starren Ansätzen des Projektmanagements der Vergangenheit wird immer deutlicher.

Während Erklärung Nummer eins bedeuten würde, dass die gesamte Projektwelt das prinzipienbasierte Konzept übersehen und fast missverstanden hat, scheint Nummer zwei ein plausiblerer Grund für das wachsende Interesse der heutigen Projektmanager zu sein. Das Bedürfnis nach einem größeren und abstrakteren "Spielfeld" mit Raum für Flexibilität und Anpassungsfähigkeit und damit frei von scharfen Kanten und starren Regeln darüber, was man im Streben nach Projektmanagement-Erfolg tun muss, soll und kann.

Wir brauchen immer noch Rahmenbedingungen und ein angemessenes Maß an Kontrolle, aber diese Rahmenbedingungen sollten breiter sein, mit weicheren Kanten, die wertbasierte Leitprinzipien, Visionen und übergreifende Ziele unterstützen und ermöglichen.

Durch die Verankerung und Einhaltung von Grundsätzen innerhalb des Rahmens schaffen wir eine solide Grundlage, die ein Gleichgewicht zwischen Struktur und Flexibilität schafft, um sinnvolle Ergebnisse zu erzielen.

Die Half Double Methodology - Ein modernes, prinzipienbasiertes und hybrides Projektmanagementmodell

Die Half Double Methodology wurde als modernes, prinzipienbasiertes, und hybrid Ansatz für das Projektmanagement geboren, wobei die folgenden 3 Grundprinzipien die Grundlage der 3 Kernelemente bilden:

Das IMPACT-Prinzip: Die Zufriedenheit der Stakeholder ist das oberste Erfolgskriterium.

Das FLOW-Prinzip: Hohe Intensität und häufige Interaktion sorgen für kontinuierlichen Fortschritt.

Das LEADERSHIP-Prinzip: Ungewissheit in Kauf nehmen und das Projekt zum Erfolg führen.

Das vierte Kernelement der Half Double Methodik ist die Lokale Übersetzung von Half Double, die dem Grundsatz Rechnung trägt, dass "alle Organisationen unterschiedlich sind und Half Double auf den jeweiligen Kontext zugeschnitten werden muss."

Die Anpassung von Half Double in der Praxis kann jedoch "nur" eine Anpassung der Methoden und der dazugehörigen Werkzeuge bedeuten. Die drei Kernelemente - Impact, Flow & Leadership - und die dazugehörigen Prinzipien sind so grundlegend und prägend für Half Double, dass sie nicht angepasst werden können. Sie sind grundlegend für die Half Double Methodik.

Half Double wheel

Konzentration auf drei Kernelemente - Wirkung, Fluss und Führung Wie funktioniert die Half Double Methodik?

Half Double ist ein Projektmanagementansatz, der auf dem tatsächlichen menschlichen Verhalten, der Unvorhersehbarkeit und der Komplexität basiert. Er wurde in zahlreichen Projekten in verschiedenen Branchen getestet und validiert und auf ein breites Spektrum von Projekttypen angewandt - und er funktioniert.

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